Sagenhaft: Glienicke will feiern

Veröffentlicht am 01.03.2013 in Allgemein

Vor 200 Jahren französische Soldaten in den Tod geführt

Man schrieb das Jahr 1813. In der Broschüre des Landkreises Oberhavel „Wegweiser durch den Kreis direkt über Berlin“ heißt es im Text über Glienicke/Nordbahn:

„…Auch den Ruf der Gemeinde, in der kulturell viel los ist, schätzen viele. So wird 2013 die Kindelsage, die auf die Franzosenzeit vor 200 Jahren zurückgeht, mit Gedenkveranstaltungen gefeiert. Was war damals passiert? Die „Große Armee“ war auf dem Rückzug des Russlandfeldzuges, wo sie vor Moskau vernichtend geschlagen wurde. Versprengte Truppen durchquerten auch Glienicke. In den märkischen Wäldern den richtigen Weg zu finden, war nicht leicht. Sie suchten jemanden, der Auskunft geben konnte, doch das Dorf war leer. Die Bewohner waren in die Wälder geflohen. Nur ein kleines Mädchen war noch da. Es führte die plündernden Soldaten in die Sümpfe und lief behände davon….“

Die Kindelsage hat einen grausigen Charakter: Ein Kind, das die französischen Soldaten hinterhältig in den Tod führt.

Vom Jahr 1813 zum Jahr 2013 sind es 200 Jahre. 200 Jahre, in denen in den deutsch-französischen Beziehungen einiges passiert ist. Schlechtes genauso wie Gutes. Vorbei sind glücklicherweise die Zeiten, in denen Deutschland vom „Erbfeind“ Frankreich gesprochen hat. Vorbei die Zeiten, in denen sich Deutschland und Frankreich, wie 1870/1871, 1914/1918 und im zweiten Weltkrieg, als Feinde gegenüber standen.

Am 22. Januar berieten die Mitglieder des Glienicker Sozialausschusses über einen Antrag der Gemeindeverwaltung, die Haushaltsmittel „Kindelwaldsage“ für Feiern rund um das 200ste Jubiläum der Kindelsage freizugeben. Diese Beratung fand an eben dem Tag statt, an dem in ganz Deutschland der 50ste Jahrestag der Unterzeichnung des  Elysée-Vertrages gefeiert wurde, der die deutsch-französische Freundschaft von 1963 besiegelte.

 

In der bereits zitierten Broschüre des Landkreises Oberhavel, Erscheinungsdatum 31. Mai 2012, werden die Gedenkveranstaltungen zum Jubiläum „200 Jahre Kindelwaldsage“ vom Glienicker Bürgermeister bereits angekündigt. Dies allerdings, ohne dass je eine Beratung in den Glienicker Gremien der Kommunalpolitik stattgefunden hätte. Ein erstes grobes Konzept   für die geplanten Veranstaltungen erhielten die Mitglieder des Sozialausschusses erstmals genau einen Tag vor der Sitzung des Gremiums.

Doch selbst wenn ich die Missachtung der Beratungs- und Entscheidungskompetenzen der Gemeindevertreter außer acht lasse, wollen wir in Glienicke in einem Jahr, in dem in Frankreich und Deutschland die jahrzehntelange Freundschaft der beiden Länder gefeiert wird, einer Sage gedenken, in der es, wenn auch nur überliefert, quasi um den, nennen wir es einmal heimtückisch herbeigeführten Tod französischen Soldaten vor 200 Jahren auf Glienicker Gemarkung geht? Irgendwie sagenhaft unfreundlich, mindestens, oder?

 

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